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josfritz Buchhandlung Freiburg
josfritz Buchhandlung Freiburg

Clara Heinrich

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AKI Verlag , gebunden , 288 Seiten

 25.-€ €

 978-3-311-35021-7

 16.09.2025

Pusztagold

Als Clara Heinrich ihre Masterarbeit der Politikwissenschaft über The Politics of Seed Saving schreibt und dabei immer wieder mehr oder weniger genüsslich in neue „rabbit holes“ fällt, kriegt sie mehrfach zu hören, ihre Ausführungen seien zu groß, zu abstrakt, zu experimentell, vieles nicht relevant für eine wissenschaftliche Arbeit. Bestimmt ist die Arbeit am Ende trotzdem gut geworden.

Ganz sicher aber ist, dass der Text, den die junge Autorin und Gärtnerin parallel und danach geschrieben und nun mit dem Titel Pusztagold herausgegeben hat, absolut fantastisch ist. Hier nimmt sie sich und schenkt uns als Lesenden alle Freiheiten. Sie erzählt von ihrem Leben in Berlin mit ihrem Partner A. und davon, wie dieser plötzlich rätselhaft erkrankt und sich das Leben des jungen Paars stark wandelt. Sie erzählt von der Suche nach Ärzt*innen und Antworten und dem mühseligen Weg zur Diagnose ME/CFS, die schließlich dazu führt, dass die beiden zurück in Claras Heimat ziehen, ganz im Osten von Österreich, nur ein paar Kilometer von der ungarischen Grenze.

Großeltern, Eltern und Bruder arbeiten hier in der Landwirtschaft, und Clara, die auch in Wien und Berlin neben ihrem Interesse für Sprachkunst das Interesse für (seltenes) Saatgut immer begleitet hat, baut nach und nach einen Garten an, während sie sich nebenbei rund um die Uhr der Pflege von A. widmet.

Gleichzeitig nimmt sie uns mit in ihre inspirierende Gedankenwelt, teilt mit uns ihre Lektüre wissenschaftlicher Texte, aber auch Lyrik, Songtexte, Saatgutverpackungen und die poetischen Namen verschiedenster Gemüsesorten, Ideen von Joan Tronto, Elfriede Jelinek, Donna Haraway oder Anna Lowenhaupt Tsing.
Im Lesen wie im Schreiben findet sie eine gemeinsame Sprache für Landschaften, Körper und Personen.

Vor allem aber schreibt sie literarisch UND politisch über Fürsorge, und zwar für Menschen und für unsere Umwelt, für die konkrete Erde der Puszta, aber auch unseren Planeten. Und sie schafft es, dass das gar nicht pathetisch daherkommt, sondern ganz einfach und klar und erhellend.

Joke Colmsee