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josfritz Buchhandlung Freiburg
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Robert Prosser

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Jund und Jung , gebunden , 176 Seiten

 24.- €

 978-3-99027-427-9

 16.09.2025

Das geplünderte Nest

Robert Prosser, ein ziemlich spannender österreichischer Autor und Performancekünstler, unternimmt in Das geplünderte Nest eine ziemlich weite literarische Reise: Es geht von der Subkultur im heutigen Libanon hin zur Nazizeit in einem Tiroler Bergdorf. Da sind zum einen der Graffiti-Künstler Rami, der die Ruinen von Beirut besprüht und all die anderen, die in den Trümmern das Leben feiern, zum anderen ist da der einarmige, kriegsversehrte Maler Lenz, der sich 1944 mit seiner Gefährtin in einem bescheidenen Haus in den Bergen einquartiert. Hier wie dort herrschen Chaos, Unordnung, Gewalt – und die Kunst sucht und findet ihre Antworten.

Prossers Protagonist und Erzähler soll für ein Ma­gazin eine Reportage über die libanesische Kulturszene schreiben und zieht sich dafür in sein Heimatdorf zurück – dort, wo er als junger Mann ebenfalls Wände besprühte und wo er erste journalistische Gehversuche mit einem Bericht über jenen Maler Lenz machte, diesen komischen Kauz mit dem stets mit Farbe beschmierten Sakko, von dem man munkelte, er sei damals ein Spion der Alliierten gewesen und hätte von einem versteckten Sender in den Bergen dem Feind Nachrichten übermittelt. Der junge Mann will nicht nur berichten, er will sich auch in die Geheimnisse der Malerei einweisen lassen.

Nun, viele Jahre später, spendet in dem leeren, von den Wintertouristen verlassenen Ort, nur der Tresen des letzten geöffneten Hotels ein wenig Trost. Der Jugendfreund Flo, die Dörfler nennen ihn den Giftler, ist von einem Drogentrip nicht wieder zurückgekehrt, die Verbindungen zur Vergangenheit scheinen gekappt. Da taucht auf einmal ein Wissenschaftler auf, der zu Wehrmachtsdeserteuren forscht. Wo versteckten die sich damals? Was hatte der Maler Lenz, der doch immer in die Berge ging, damit zu tun? Welche Rolle spielte Ludwig, der Großvater des Erzählers, der ebenfalls versehrt war und als Wachmann im Lager der Zwangsarbeiter diente? Und was passierte mit jenem jungen Ukrainer, der aus dem Lager fliehen konnte und dann nicht wiederauftauchte? Robert Prosser, Jahrgang 1983, ist mit seinem fünften Buch ein sprachlich kunstvoller, atmosphärisch dichter Heimatroman der anderen Art gelungen.

Dominik Bloedner, Journalist