Sophie Hunger
Walzer für Niemand
Walzer für Niemand ist ein Künstlerinnen- und Coming-of-Age-Roman, eine Geschichte von Selbstfindung und Behauptung und einer weit mehr als tiefen Freundschaft. Oder doch eher die Erfahrung einer existenziellen Einsamkeit? Die Erzählerin ist genau wie die Autorin Tochter von Militärattachés, beständige Ortswechsel bestimmen ihr Aufwachsen. Die Konstanten in diesem Dasein bilden ihr Kindheitsfreund mit dem sprechenden Namen „Niemand" und die Musik, die die beiden schon mit vier Jahren für sich entdecken, und die sie verbindet. Aber Sophie Hunger erzählt diese Initiation nicht aus einer vermeintlich realistischen Kinderperspektive, sondern als verdichtete und zugleich anmutige Reflexion über das Wahrnehmen und das Erzählen der Welt.
Wir wachsen gemeinsam mit den beiden auf in ihrem zweisamen Isoliertsein in dieser elitären Welt im reichsten Land der Erde. Wohnen in Palästen, Gesangsstunden, Klavierunterricht, Haute Cuisine, Etiquette, gelangweilt, aber auch gemobbt oder gar misshandelt von Gleichaltrigen. Es verwundert also nicht, dass die Erzählerin diese enge Verbindung zu Niemand existentiell braucht, ihn oder sie immer um sich herumhaben möchte. Aber existiert Niemand überhaupt, oder ist das bloß die Fantasie eines einsamen Kindes, eines Teenagers, einer etwas verschrobenen, weil maßlos begabten jungen Frau? Wir werden es nie erfahren.
Neben dem Aufwachsen zwischen den Welten wird in Walzer für Niemand noch eine Parallelgeschichte erzählt. Nein, natürlich keine Geschichte, eher ein literarisch anspruchsvoller Wikipedia-Artikel. Zwischen den sehr kurzen Kapiteln stehen nämlich jeweils Notizen über die weiblichen Vertreterinnen der alpinen Volksgruppe der Walserinnen. Typografisch abgesetzt in Schreibmaschinenanmutung, ebenso wie minimalistische Zeichnungen weiblicher Körper. Diese fortgeschriebenen Notizen zu den Walserinnen sollen Aufzeichnungen von Niemand sein, der sich mehr und mehr in die Geschichte dieses Bergvolks vertiefte.
Dass die als beeindruckend robust geschilderten Walserinnen zu den Vorfahren von Sophie Hunger ebenso wie ihrer Erzählerin zählten, ist dabei natürlich kein Zufall. Denn Walzer für Niemand erkundet hochpoetisch und auf unterschiedlichen Bild- und Tonspuren Fragen der Herkunft, der Voraussetzungen und des Wegs einer Künstlerin.
Eva Gutensohn, Radio Dreyeckland
Radio Dreyeckland ist das freie und nichtkommerzielle Radio im Südwesten. Es bietet grundsätzlich allen Interessierten die Möglichkeit, Radio zu machen. Zur Zeit gestalten etwa 150 ehrenamtliche Mitarbeiter_innen das Programm.

Kiepenheuer & Witsch Verlag , gebunden , 192 Seiten
22.- €
978-3-462-00324-6
13.03.2025
Walzer für Niemand
Walzer für Niemand ist ein Künstlerinnen- und Coming-of-Age-Roman, eine Geschichte von Selbstfindung und Behauptung und einer weit mehr als tiefen Freundschaft. Oder doch eher die Erfahrung einer existenziellen Einsamkeit? Die Erzählerin ist genau wie die Autorin Tochter von Militärattachés, beständige Ortswechsel bestimmen ihr Aufwachsen. Die Konstanten in diesem Dasein bilden ihr Kindheitsfreund mit dem sprechenden Namen „Niemand" und die Musik, die die beiden schon mit vier Jahren für sich entdecken, und die sie verbindet. Aber Sophie Hunger erzählt diese Initiation nicht aus einer vermeintlich realistischen Kinderperspektive, sondern als verdichtete und zugleich anmutige Reflexion über das Wahrnehmen und das Erzählen der Welt.
Wir wachsen gemeinsam mit den beiden auf in ihrem zweisamen Isoliertsein in dieser elitären Welt im reichsten Land der Erde. Wohnen in Palästen, Gesangsstunden, Klavierunterricht, Haute Cuisine, Etiquette, gelangweilt, aber auch gemobbt oder gar misshandelt von Gleichaltrigen. Es verwundert also nicht, dass die Erzählerin diese enge Verbindung zu Niemand existentiell braucht, ihn oder sie immer um sich herumhaben möchte. Aber existiert Niemand überhaupt, oder ist das bloß die Fantasie eines einsamen Kindes, eines Teenagers, einer etwas verschrobenen, weil maßlos begabten jungen Frau? Wir werden es nie erfahren.
Neben dem Aufwachsen zwischen den Welten wird in Walzer für Niemand noch eine Parallelgeschichte erzählt. Nein, natürlich keine Geschichte, eher ein literarisch anspruchsvoller Wikipedia-Artikel. Zwischen den sehr kurzen Kapiteln stehen nämlich jeweils Notizen über die weiblichen Vertreterinnen der alpinen Volksgruppe der Walserinnen. Typografisch abgesetzt in Schreibmaschinenanmutung, ebenso wie minimalistische Zeichnungen weiblicher Körper. Diese fortgeschriebenen Notizen zu den Walserinnen sollen Aufzeichnungen von Niemand sein, der sich mehr und mehr in die Geschichte dieses Bergvolks vertiefte.
Dass die als beeindruckend robust geschilderten Walserinnen zu den Vorfahren von Sophie Hunger ebenso wie ihrer Erzählerin zählten, ist dabei natürlich kein Zufall. Denn Walzer für Niemand erkundet hochpoetisch und auf unterschiedlichen Bild- und Tonspuren Fragen der Herkunft, der Voraussetzungen und des Wegs einer Künstlerin.
Eva Gutensohn, Radio Dreyeckland
Radio Dreyeckland ist das freie und nichtkommerzielle Radio im Südwesten. Es bietet grundsätzlich allen Interessierten die Möglichkeit, Radio zu machen. Zur Zeit gestalten etwa 150 ehrenamtliche Mitarbeiter_innen das Programm.