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josfritz Buchhandlung Freiburg
josfritz Buchhandlung Freiburg

Amira Ben Saoud

cover

Zsolnay , gebunden , 192 Seiten

 23.- €

 978-3-552-07520-7

 18.03.2025

Schweben

Es ist eine verwunderliche, nicht gleich greifbare Geschichte. Eine Geschichte, die mit einem Mord beginnt, in einer Welt, in der es keine Gewalt geben darf. Eine Geschichte, die erzählt, dass der Klimawandel schon vorbei ist, die sich in langsamen Schritten in die Richtung der Auflösung der Existenz ihrer Bewohner*innen bewegt. Eine Geschichte, die in einer abgeschotteten, individualisierten Welt spielt mit einer Hauptperson, deren Sein sich immer wieder bis zur Unkenntlichkeit verändert.
Im Mittelpunkt steht eine Frau, die sich ihr Gewerbe aus der Liebe der Menschen zu ihren destruktiven Beziehungen gewoben hat. Sie verdient ihr Geld damit, andere Frauen zu imitieren. Sie verändert ihr Aussehen, studiert Bewegungen, Dynamiken, Reaktionen. Alles, um den Angehörigen, ihren Kund*innen, das Gefühl zu geben, die nachgestellte Beziehung wäre nicht vorbei. Mit der Zeit wird der Job beschwerlicher, der Körper gibt nach: Die Haare sind vom ständigen Färben brüchig, das Bindegewebe geschwächt von kontrollierten Gewichtsschwankungen. Sie beginnt eine Rolle zu spielen, von der sie ahnt, dass es ihre letzte sein könnte, und beginnt sich in ihr zu verlieren. Mit jedem Schritt in das andere Leben, mit jeder Entscheidung gegen einen Abbruch der fraglichen Beziehungsdynamik, für die sie sich hat engagieren lassen, verliert sie mehr an Substanz, an Widerständigkeit. Zeitgleich verliert die Welt immer mehr an Substanz: Menschen beginnen zu schweben, Rationen werden schwerer zugänglich, Jugendliche werden gewalttätig, der große Knall bleibt aber aus.
Eine ruhige Dystopie, die essentielle Fragen des Mensch- und Echt-Seins in einer zerfallenden Welt aufwirft.

Lena Wich