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josfritz Buchhandlung Freiburg
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Lauri Kubuitsile

cover

Aus dem Englischen von Ivana Maurovic und Marie Meinel
InterKontinental Verlag , gebunden , 344 Seiten

 24.- €

Zerstreuung

Tjipuka ist gerade Mutter geworden, hat eine glückliche Beziehung und eine beste Freundin seit Kindertagen an ihrer Seite. Dann brechen Krieg, Vertreibung und Genozid in ihr Leben. Sie flieht durch die Wüste und kämpft um ihr Leben und das ihres Kindes.

Riette träumt von einer Ausbildung in der Stadt, weg vom Hof der Familie und der harten Arbeit, sie wird verheiratet, muss sich in ihrer neuen Familie mit zwei älteren Stieftöchtern zurechtfinden und plant weiter ihren Ausbruch aus dem fremdbestimmten Leben.

Zwei Frauen, deren Schicksal von Gewalt geprägt ist. In diesem Buch werden ihre Erfahrungen in klarer Sprache und aller Deutlichkeit erzählt. Trotz der Gewalt und der immer wieder kaum auszuhaltenden Trostlosigkeit erfahren wir auch, wie resilient und mutig beide Frauen ihr Schicksal tragen und ihr Leben zu verbessern suchen. Sie kümmern sich, bilden Freundschaften und gehen ihre Wege.

Tjipuka und Riette erleben den Genozid der deutschen Kolonialmacht an den Herero und die Verfolgung der Frauen im zweiten Burenkrieg und treffen im Laufe der Geschichte aufeinander. Durch ihre Erfahrungen werden diese historischen Ereignisse zu mehr als grausamen Statistiken. Sie werden von Objekten der Geschichte zu handelnden Subjekten.
Lauri Kubuitsile hat einen spannenden, emotionalen Roman geschrieben, der den Widersprüchen von Menschen, die sich in unerträglichen Situationen bewegen, viel Raum gibt. Ihre Entscheidungen scheinen falsch und richtig zugleich. Die Autorin entlässt uns am Ende des Buches nicht aus den Widersprüchen der Figuren. Es gibt keine Auflösung der Konflikte, auch wenn Kriege zu Ende gehen. Das macht diese Personen umso glaubwürdiger und gibt Leser*innen die Chance, ihnen nachzufühlen.

Über die deutsche Kolonialgeschichte gibt es wenige Romane. Dass mit diesem Buch eine gut erzählte Geschichte mit komplexen Figuren vorliegt, ist ein Verdienst des kleinen Verlags InterKontinental, der ausschließlich afrikanische Autor*innen im Programm hat.

Jana Kling