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josfritz Buchhandlung Freiburg
josfritz Buchhandlung Freiburg

Daniel Pennac

cover

Aus dem Französischen von Eveline Passet.
Kiepenheuer & Witsch Verlag , kartoniert , 304 Seiten

 15.- €

 978-3-462-05125-4

 14.02.2019

Der Fall Malaussène

Sie haben mich belogen

Kennt ihr die Malaussènes? Diese so durchgeknallte wie liebenswerte französische Familie, die immer in irgendwelche irren Geschichten verwickelt ist? Nein? Macht nichts, ich kannte die auch nicht, bis mir die Kollegin diesen jüngsten Roman von Daniel Pennac zum Lesen und Besprechen empfahl. Aber auf den knapp dreihundert Seiten hab ich sie kennengelernt – und wie!

Der Roman spielt sowohl in der südfranzösischen Provinz als auch in Paris, an beiden Orten sind Familienmitglieder in scheinbar höchst unterschiedlichen Missionen unterwegs. Während im ländlichen Vercors Benjamin, das Oberhaupt der Malaussènes, einem Enthüllungsautor Personenschutz gewährt, könnte in der Hauptstadt der Manager Lapietà dies auch gut gebrauchen. Denn er wird am helllichten Tag entführt, und als Lösegeld fordern die offensichtlich systemkritisch motivierten Gauner genau die Summe, die der saubere Herr als Abfindung kassiert hat für die ruinöse Abwicklung eines Unternehmens. Wie der Fall ausgeht, wer hinter der Entführung steckt und warum um alles in der Welt sich die zuständige Untersuchungsrichterin jeden Morgen vorm Spiegel verunstaltet, das wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Aber so viel: Trotz eines Hochgeschwindigkeitseinstiegs in diese fulminante Story und trotz eines zehnseitigen, von mir nie benutzten Glossars mit ganz vielen Namen am Ende des Buches, kommt man beim Lesen nicht aus der Spur. Denn der preisgekrönte Autor, der außerdem auch Kinder- und Jugendbücher schreibt, hat ein ganz großartiges sprachliches Talent. Damit verknüpft er seine linke Kritik an den Zuständen im heutigen Frankreich geschickt mit der nur anfangs etwas wirr wirkenden Familienbande. Er baut in einem unglaublich lebendigen, präsenten Erzählfluss alles, was ihm an den Figuren und der Gesellschaft, in der sie leben, wichtig ist, um diesen skurrilen Entführungsfall herum und sorgt mit gelungenen Wortschöpfungen und literarischen Anspielungen für grenzdebiles Dauergrinsen beim Lesen. Und dafür, dass man nach dem Ende unbedingt wissen möchte, wie das damals, vor sieben, acht Romanen, seinen Anfang nahm mit den Malaussènes.

Georg Giesebrecht, Bote bei jos fritz