Christa Wolf
Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert
2011-2011
Man muss nicht unbedingt Christa Wolfs literarische Arbeiten besonders mögen, um von den beiden Bänden Ein Tag im Jahr 1960-2000 und Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert 2001-2011 fasziniert zu sein. Die Bücher versammeln Texte aus den Jahren 1960 bis 2011, die mit bemerkenswerter Kontinuität jeweils am 27. September geschrieben wurden und die Berichte, Gedanken und Überlegungen sowohl zu politischen, zu familiären wie auch zu ganz persönlichen, zumeist aktuellen Ereignissen festhalten. Kritische Gegenwartsanalyse, authentische Zeitzeugenschaft und biographische Details sowie die Darlegung ganz persönlicher Befindlichkeiten beginnen sich zu einem zwar fragmentarischen, aber dennoch aufschlussreichen und vor allem spannenden Bild zu verknüpfen.
Hat man einmal im Text Fuß gefasst, so entwickelt sich bereits nach wenigen Seiten ein unwiderstehlicher Sog, der die LeserInnen geradezu nötigt, dieses Leben, diese Ereignisse weiter zu begleiten und die sich entfaltenden Wandlungsprozesse zu verfolgen. Und hat man erst einmal mit dem zweiten Band begonnen, so kann allenfalls das Wissen um das baldige Ende der Berichte und dem damit verbundenen Tod der Autorin die Lektüre trüben. Die Verknüpfung von geschichtlich bedeutsamen Momenten,
politisch folgenreichen Ereignissen und ganz individuellen Befindlichkeiten lässt uns gerade auf Grund einer in der Sache selbst angelegten Sprunghaftigkeit ein spannungs- und abwechslungsreiches Dahinfließen, oder sollte man besser sagen ein Dahinspringen der Zeit in großen Bögen ins Blickfeld geraten. Dabei ist die große Nähe, die sich zur Person Christa Wolf ohne Zweifel und wohl mit Bedacht einstellt, nie von aufdringlicher oder gar peinlicher Natur. Es ist wahrhaftig ein Mensch, der uns hier entgegentritt, uns teilhaben lässt, und gerade in den intimsten Momenten zeigt sich Christa Wolf als eine in unseren Zeiten wohl eher seltene Spezies: als eine erdgebundene kritische Intellektuelle.
(Michael Leicht, freier Autor)
, Taschenbuch , 163 Seiten
8.00 €
978-3-518-46505-9
Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert
2011-2011
Man muss nicht unbedingt Christa Wolfs literarische Arbeiten besonders mögen, um von den beiden Bänden Ein Tag im Jahr 1960-2000 und Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert 2001-2011 fasziniert zu sein. Die Bücher versammeln Texte aus den Jahren 1960 bis 2011, die mit bemerkenswerter Kontinuität jeweils am 27. September geschrieben wurden und die Berichte, Gedanken und Überlegungen sowohl zu politischen, zu familiären wie auch zu ganz persönlichen, zumeist aktuellen Ereignissen festhalten. Kritische Gegenwartsanalyse, authentische Zeitzeugenschaft und biographische Details sowie die Darlegung ganz persönlicher Befindlichkeiten beginnen sich zu einem zwar fragmentarischen, aber dennoch aufschlussreichen und vor allem spannenden Bild zu verknüpfen.
Hat man einmal im Text Fuß gefasst, so entwickelt sich bereits nach wenigen Seiten ein unwiderstehlicher Sog, der die LeserInnen geradezu nötigt, dieses Leben, diese Ereignisse weiter zu begleiten und die sich entfaltenden Wandlungsprozesse zu verfolgen. Und hat man erst einmal mit dem zweiten Band begonnen, so kann allenfalls das Wissen um das baldige Ende der Berichte und dem damit verbundenen Tod der Autorin die Lektüre trüben. Die Verknüpfung von geschichtlich bedeutsamen Momenten,
politisch folgenreichen Ereignissen und ganz individuellen Befindlichkeiten lässt uns gerade auf Grund einer in der Sache selbst angelegten Sprunghaftigkeit ein spannungs- und abwechslungsreiches Dahinfließen, oder sollte man besser sagen ein Dahinspringen der Zeit in großen Bögen ins Blickfeld geraten. Dabei ist die große Nähe, die sich zur Person Christa Wolf ohne Zweifel und wohl mit Bedacht einstellt, nie von aufdringlicher oder gar peinlicher Natur. Es ist wahrhaftig ein Mensch, der uns hier entgegentritt, uns teilhaben lässt, und gerade in den intimsten Momenten zeigt sich Christa Wolf als eine in unseren Zeiten wohl eher seltene Spezies: als eine erdgebundene kritische Intellektuelle.
(Michael Leicht, freier Autor)