Mithu M. Sanyal
Vulva
Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts
Das Buch Vulva - Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts trägt im Titel den paradoxen Zustand über das äußere weibliche Geschlechtsorgan. Die bürgerliche Verhüllung des weiblichen Lustorts bleibt erfolgreich gewahrt bei gleichzeitiger digitaler Dauerverfügbarkeit des vernichtenden Trichterblicks der Pornoindustrie: Unsere überaufgeklärte Gesellschaft verharrt in der Sprachlosigkeit der Benennung – in krassem Kontrast zur Eindeutigkeit des biologisch Männlichen. In der Kita – mit verwässernden Begriffen wie „Mumu" – sind wir noch nicht weiter als im gymnasialen Aufklärungsunterricht: Das weibliche Geschlechtsorgan ist äußerlich schlicht nicht vorhanden. Schulisch verhandelt werden weiblicherseits fortpflanzungsrelevante Innenräume mit technischer Präzision – im Aufklärungsbuch ist der Geburtskanal schamhaft unterhalb des Gebärmutterhalses gekappt. SchnippSchnappEnde. Über die einfache Anatomie und Benennung des biologisch Offensichtlichen gibt es keinen sprachlichen Konsens. Kulturell aufgewertet durch die „Vagina-Monologe" ist es immerhin möglich, ein Wort – das anatomisch gesehen zwar nur die innere „Scheide" benennt, nicht aber die äußeren Genitale – im öffentlichen Raum zu gebrauchen.
Mithu M. Sanyals Kulturgeschichte der Vulva ist ein aktuelles und unglaublich unterhaltsames Buch, das durch eine schlichte kulturelle Bestandsaufnahme ganz neue Welten eröffnet. Sanyal schlägt einen Bogen von den machtvollen Dimensionen der Vulva-Enthüllungen des Baubo-Ritus und zahlreicher Gefahrenabwehr-Mechanismen des symbolischen Vulva-Zeigens quer durch Zeit und Kultur-Räume, über die kulturellen Aneignung in der Weimarer Republik bis hin zu den Punk-Piratinnen und Riot-Grrrls. Ein subversives, handliches Wagenbach-Buch mit zahlreichen Abbildungen.
Jenny Warnecke aufgewachsen in Frankfurt am Main, seitdem als Soziologin und Kulturaktivistin in Freiburg verankert zwischen Uni Freiburg und Basel und als Autorin im Theaterkollektiv RaumZeit, mit Projekten von „Kritischen Fragen zum NSU", „Ein Morgen vor Lampedusa" über den „Bus von Rosa Parks" bis "Here and Black" und „Zwischenraum" bei FAIRburg und Radio Dreyeckland.
Wagenbach , Taschenbuch , 256 Seiten
14.90 €
978-3-8031-2769-3
04.2017
Vulva
Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts
Das Buch Vulva - Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts trägt im Titel den paradoxen Zustand über das äußere weibliche Geschlechtsorgan. Die bürgerliche Verhüllung des weiblichen Lustorts bleibt erfolgreich gewahrt bei gleichzeitiger digitaler Dauerverfügbarkeit des vernichtenden Trichterblicks der Pornoindustrie: Unsere überaufgeklärte Gesellschaft verharrt in der Sprachlosigkeit der Benennung – in krassem Kontrast zur Eindeutigkeit des biologisch Männlichen. In der Kita – mit verwässernden Begriffen wie „Mumu" – sind wir noch nicht weiter als im gymnasialen Aufklärungsunterricht: Das weibliche Geschlechtsorgan ist äußerlich schlicht nicht vorhanden. Schulisch verhandelt werden weiblicherseits fortpflanzungsrelevante Innenräume mit technischer Präzision – im Aufklärungsbuch ist der Geburtskanal schamhaft unterhalb des Gebärmutterhalses gekappt. SchnippSchnappEnde. Über die einfache Anatomie und Benennung des biologisch Offensichtlichen gibt es keinen sprachlichen Konsens. Kulturell aufgewertet durch die „Vagina-Monologe" ist es immerhin möglich, ein Wort – das anatomisch gesehen zwar nur die innere „Scheide" benennt, nicht aber die äußeren Genitale – im öffentlichen Raum zu gebrauchen.
Mithu M. Sanyals Kulturgeschichte der Vulva ist ein aktuelles und unglaublich unterhaltsames Buch, das durch eine schlichte kulturelle Bestandsaufnahme ganz neue Welten eröffnet. Sanyal schlägt einen Bogen von den machtvollen Dimensionen der Vulva-Enthüllungen des Baubo-Ritus und zahlreicher Gefahrenabwehr-Mechanismen des symbolischen Vulva-Zeigens quer durch Zeit und Kultur-Räume, über die kulturellen Aneignung in der Weimarer Republik bis hin zu den Punk-Piratinnen und Riot-Grrrls. Ein subversives, handliches Wagenbach-Buch mit zahlreichen Abbildungen.
Jenny Warnecke aufgewachsen in Frankfurt am Main, seitdem als Soziologin und Kulturaktivistin in Freiburg verankert zwischen Uni Freiburg und Basel und als Autorin im Theaterkollektiv RaumZeit, mit Projekten von „Kritischen Fragen zum NSU", „Ein Morgen vor Lampedusa" über den „Bus von Rosa Parks" bis "Here and Black" und „Zwischenraum" bei FAIRburg und Radio Dreyeckland.